"Mein Mandant bedauert die Tat. Er war an besagtem Abend stark betrunken. Warum er derart aggressiv reagiert hat, weiß er selber nicht. Er trinkt seither auch nichts mehr, bedauert die Tat zutiefst und möchte den Schaden wiedergutmachen", sagt der Verteidiger in seinem kurzen Eingangsplädoyer.
Am 12. Februar 2023 brannten beim 28-Jährigen aus dem Bezirk Braunau bei einem Besuch in einer Diskothek die Sicherungen durch. Deshalb muss er sich im Landesgericht Ried vor Richterin Claudia Grillneder wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung verantworten.
1,72 Promille hatte der Angeklagte intus. "Was war da los?", will die Richterin wissen. "Ich kann es mir nicht erklären, weil ich normal nie aggressiv werde", sagt der Beschuldigte. Einem Rosenverkäufer versetzte er zwei Kopfstöße. "Er hat einige Rosen umgeknickt. Ich wollte den Mann fragen, warum er das gemacht hat. Dann hat er mir einen Kopfstoß versetzt", schildert der 58-Jährige. Er sei daraufhin auf die Toilette gegangen, um sich das Blut abzuwaschen. "Ich bin dann noch einmal zu ihm hingegangen und habe ihm das Blut auf meiner Hand gezeigt. Ich habe es einfach nicht verstanden, warum er das getan hat", sagt der Zeuge. Daraufhin habe ihm der Angeklagte noch einen Kopfstoß versetzt. Er erlitt dabei eine Gehirnerschütterung und eine Quetschwunde.
Der 28-Jährige sitzt mit gesenktem Kopf da, ihm ist die Sache mehr als unangenehm. Dann übergibt der Angeklagte dem Rosenverkäufer 910 Euro Schmerzensgeld in bar. Für die kaputte Brille sind weitere 90 Euro zu bezahlen. Die Entschuldigung des Angeklagten mit Handschlag nimmt der 58-Jährige mit einer freundlichen Geste an.
Faustschlag ins Gesicht
Doch damit war der Abend in der Diskothek für den bisher unbescholtenen Innviertler noch nicht gelaufen. Einem 24-Jährigen aus Mattighofen, der ihn beruhigen wollte, schlug der Angeklagte mit der Faust ins Gesicht. "Ich wollte ihn beruhigen, aber dann ist es ganz plötzlich eskaliert", sagt das Opfer, das einen Nasenbeinbruch erlitt. Auch er erhält vom Beschuldigten das Schmerzensgeld im Gerichtssaal. 1440 Euro. Der Zeuge ist kurz irritiert, bevor er beginnt, das Geld nachzuzählen. "Ich bin extrem nervös, weil ich noch nie bei so einer Verhandlung war", sagt der Mattighofner, dessen Freundin ebenfalls leicht verletzt wurde. Die Frau wurde offenbar bei der Schlagbewegung vom Angeklagten fahrlässig am Arm erwischt. Auch sie erhält etwas mehr als 400 Euro in bar.
"Was haben Sie getrunken?", will Staatsanwalt Alois Ebner wissen. "Wodka, Bier und Schnaps", antwortet der 28-Jährige. "Schnaps macht grantig, sagt man. Wer den Schnaps oder den Rausch nicht weisen kann, der muss das Saufen lassen. Schnaps ist gefährlich, lassen Sie das sein", sagt Ebner. Die Antwort des Angeklagte: "Das hab ich jetzt eh sein lassen."
"Man sieht wieder einmal, wie viel passieren kann, wenn man zu viel in sich reinschüttet", sagt Ebner in seinem Schlussplädoyer. Der Verteidiger bittet um ein mildes Urteil. "Mein Mandant hat seine letzten finanziellen Reserven mobilisiert, weil es ihm wichtig war, eine Schadenswiedergutmachung zu leisten. Er hat sich bei den drei Opfern auch entschuldigt."
Mildes Urteil
Die Richterin verurteilt den Angeklagten zu drei Monaten bedingter Haft. Mildernd wertet die Frau Rat unter anderem die Unbescholtenheit, das reumütige Geständnis und das Bezahlen der Schmerzensgelder. Erschwerend seien das Zusammentreffen mehrerer Taten und das hohe Aggressionspotenzial. Der Verteidiger muss das milde Urteil nicht mit seinem Mandanten besprechen. "Das nehmen wir an, es ist ein Geschenk der Richterin."
Staatsanwalt Ebner überlegt kurz, ob er ein Rechtsmittel einlegt, lässt es dann aber mit mahnenden Worten bleiben. "Das ist die absolut unterste Grenze. Wenn Sie noch einmal etwas anstellen, dann werden Sie da drüben Platz nehmen." Damit meint Ebner die Justizanstalt, die man vom Gerichtssaal aus sehen kann.
Kosten werden auf den Innviertler noch weitere zukommen. Neben den beträchtlichen Verfahrenskosten wird er auch für die Behandlungskosten der Geschädigten aufkommen müssen. Dieses Geld wird von der Krankenkasse eingefordert werden.
Quelle Thomas Streif / Nachrichten.at