Weil er im Freibad von Braunau zweimal seine Nazi-Tattoos zur Schau gestellt haben soll, hat sich ein 32-Jähriger wegen Wiederbetätigung vor dem Landesgericht Ried verantworten müssen. Er wurde nicht rechtskräftig zu zwei Jahren Haft – acht Monate davon unbedingt – verurteilt.
Dem Angeklagten wurden auch Facebook-Postings mit NS-Bezug vorgeworfen, die der einschlägig justizbekannte Mann verfasst haben soll. Der Fall hatte nicht nur wegen der sensiblen Location – Braunau ist die Geburtsstadt Adolf Hitlers und immer wieder mit einschlägigen Touristen konfrontiert – für Aufregung gesorgt, sondern auch wegen der Reaktion der Polizei: Ein bayerischer Polizist hatte am 9. Juli seine oberösterreichischen Kollegen informiert, dass sich im Freibad ein Mann mit NS-Tattoos aufhalte.
Untersuchung wegen Verhaltens der Polizei
Eine Streife fuhr hin, allerdings sollen die Beamten nicht ins Bad gegangen sein, um den Verdächtigen aktiv zu suchen. Eine interne Untersuchung bei der Polizei war die Folge, ein Ergebnis liegt laut Auskunft der Landespolizeidirektion aber noch nicht vor. Erst einige Tage später konnte der Mann doch noch festgenommen werden. In der Zwischenzeit soll er noch ein weiteres Mal im Bad seine Tattoos präsentiert haben.
Staatsanwalt: Oberkörper mit NS-Tattoos „zugemüllt“
Der Angeklagte habe im Juli zweimal – am 9. und am 15. – seinen nackten Oberkörper, „zugemüllt“ mit Nazi-Tattoos, wie es Staatsanwalt Alois Ebner formulierte, im Bad gezeigt. Auch auf Facebook habe er so posiert – beim Fischen. Die Motive reichen u. a. von einem „Blut und Ehre“-Schriftzug über die Initialen A.H. (Adolf Hitler, Anm.), ein Sonnenrad bis hin zu einem SS-Totenkopf. Zum Prozess erschien der Mann mit langärmeligem Hemd und langer Hose.
„Er weiß, wie er ausschaut“
Jedes Bild allein sei ein Verbrechen nach dem Verbotsgesetz, so der Anklagevertreter, der 32-Jährige habe das gewusst. Denn das Strafregister des Innviertlers weist sowohl in Österreich als auch in Deutschland einige Eintragungen auf: Die den Verurteilungen zugrunde liegenden Delikten reichen von Sachbeschädigung, schwerer Drohung, Körperverletzung, Urkundenunterdrückung bis hin zu Delikten nach dem Verbotsgesetz.
„Er weiß, wie er ausschaut, er sieht sich jeden Tag im Spiegel“, sagte Ebner über den Angeklagten – und wies die Geschworenen darauf hin, dass die Bedeutung des Urteils in Zeiten, in denen Fremdenfeindlichkeit zunehme, hoch sei. „Sie, die Geschworenen, sind die schärfste Waffe des Rechtsstaats.“
Angeklagter: „Nehme Tattoos nicht mehr wahr“
Für den Staatsanwalt geht es auch um die Frage, ob es einen Vorsatz gegeben habe. Habe der Mann seine „braunen Peckerl präsentieren“ wollen „oder war er mit Familie baden“? Die Tätowierungen dürften rund zehn Jahre alt und teils recht großflächig sein. Der Angeklagte meinte, er schaue täglich mehrmals in den Spiegel und nehme die Tattoos selbst nicht mehr wahr. Die Tätowierungen habe er sich als Jugendlicher stechen lassen, er sei „jung und dumm“ gewesen und „wollte cool sein“. Die Ideologie sei ihm aber auch damals bereits bekannt gewesen, räumte er ein.
Tattoos sollten längst entfernt sein
Bereits in einem früheren Prozess hatte der Mann vom Gericht die Weisung erhalten, die Tattoos entfernen zu lassen. Offenbar ließ er manche Motive überstechen, aber längst nicht alle – „Warum?“, wollte die Richterin wissen. Er habe „keine Zeit gehabt“, die Prozedur sei teuer, es habe andere Prioritäten gegeben wie die Arbeit oder die Familie, er habe einfach nicht mehr daran gedacht, auch seine Fußfessel habe ihn einige Zeit lang daran gehindert, hatte der Angeklagte eine Fülle von Erklärungen parat. In seinem Leben gebe es seit zehn Jahren keine Nazi-Aktivitäten mehr, meinte er unter Verweis auf seine Lebensgefährtin, die Migrationshintergrund habe. Ob er mit einer Weisung, die Tätowierungen entfernen zu lassen, einverstanden sei, fragte die Vorsitzende. „Unbedingt.“